Online-Shopping ist selbstverständlich geworden, Streaming-Dienste sowieso. Doch wenn es um digitale Märkte geht, hinken Gesetze oft hinterher. Jahrzehntelang bewegten sich etwa Online-Casinos in Deutschland in einer rechtlichen Grauzone – Millionen nutzten sie, obwohl sie eigentlich verboten waren. Der Glücksspielstaatsvertrag von 2021 hat das grundlegend geändert. Was dort passiert, betrifft längst nicht nur Zocker: Es zeigt, wie schwer sich der Staat tut, digitale Angebote zu kontrollieren, ohne sie zu ersticken oder in den Schwarzmarkt zu treiben.
Schluss mit der Grauzone
Bis 2021 war die Sache klar: Online-Glücksspiel war in Deutschland verboten. Punkt. Trotzdem spielten Millionen bei ausländischen Anbietern – ohne Kontrolle, ohne Steuern, ohne Schutz. Diese Situation war unhaltbar, auch weil die EU Druck machte. Also beschlossen die Bundesländer einen Neustart.
Seit dem 1. Juli 2021 können Online-Casinos, virtuelle Automatenspiele und Online-Poker legal angeboten werden. Allerdings nur mit deutscher Lizenz und unter strengen Auflagen. Die wichtigste Änderung: Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) in Halle koordiniert alles zentral. Vorher hatte jedes Bundesland sein eigenes Süppchen gekocht. Die GGL vergibt Lizenzen, kontrolliert Anbieter und lässt illegale Seiten sperren. Auf einer offiziellen Whitelist sehen Spieler, wer legal arbeitet.
Technische Sperren sollen Süchtige schützen
Das Herzstück des Staatsvertrags: das OASIS-Sperrsystem. Wer merkt, dass er ein Problem hat, kann sich bundesweit sperren lassen – für Spielhallen, Online-Casinos, die ganze Palette. Die Sperre landet in einer zentralen Datenbank, und jeder lizenzierte Anbieter muss vor dem Spiel abfragen, ob jemand gesperrt ist. Klingt nach einer guten Idee, funktioniert aber nur bei legalen Anbietern.
Dazu kommen weitere Beschränkungen: maximal 1.000 Euro Einzahlung pro Monat, egal bei wie vielen Anbietern. Bei Slots nur ein Euro pro Runde und mindestens fünf Sekunden Pause zwischen den Spielen. Das soll verhindern, dass Leute im Rausch ihr Geld verjubeln. Nur: Viele Spieler finden diese Grenzen nervig und weichen auf ausländische Seiten aus, wo es solche Limits nicht gibt. Das Ziel war Spielerschutz – erreicht wird manchmal das Gegenteil.
Wo finde ich überhaupt legale Anbieter?
Legale Anbieter zu finden ist erst mal überhaupt nicht schwierig. Eine einfache Google Suche nach „Online Casino GGL“ wird einem genügend Angebote darlegen. Das größere Problem ist, dass viele Einschränkungen, die mit der deutschen Lizenz einhergehen, für manche Spieler zu eng geschnürt sind.
Die Folge: Über 76 Prozent der Affiliate-Werbung führt immer noch zu Anbietern ohne deutsche Lizenz. Für normale Spieler ist es schwer zu durchschauen, wer legal arbeitet und wer nicht. Deshalb sind unabhängige Infoportale wichtig geworden. Die besten Casinos in Deutschland werden dort nach harten Kriterien bewertet: Ist die GGL-Lizenz echt? Sind die AGBs transparent? Stimmen die Auszahlungsquoten? Funktioniert die Identitätsprüfung? Seriöse Vergleichsseiten zeigen ausschließlich lizenzierte Anbieter. Ohne solche Orientierungshilfen tappen viele Spieler im Dunkeln – und landen womöglich bei dubiosen Seiten, die zwar bunt blinken, aber null Verbraucherschutz bieten.
Trotzdem floriert der Schwarzmarkt
Hier liegt das Hauptproblem: Auch mit all den Regeln läuft der Großteil des Geschäfts weiterhin illegal. Der Schwarzmarktanteil bei Online-Slots wird Schätzungen zufolge auf 50 bis 70 Prozent beziffert, wobei einige Fachleute ihn sogar noch höher einschätzen. Weshalb? Weil die Seiten ohne Lizenz einfach mehr Reiz haben. Keine Limits, mehr Gewinnchancen und ein schnelleres Spiel. Erst wenn es zu spät ist, bemerken viele, dass dort niemand auf Spielerschutz achtet und OASIS-Sperren nicht funktionieren.
Für den Staat ist das eine Katastrophe. Jährlich entgehen hunderte Millionen Euro an Steuereinnahmen. Die GGL versucht, gegenzusteuern – indem sie IP-Sperren und Zahlungssperren bei Banken einsetzt. Hilft aber nicht wirklich. Solange das legale Angebot unattraktiv ist, ziehen Spieler zu den Offshore-Casinos ab. Ein Teufelskreis.
Was bedeutet das für andere digitale Märkte?
Das Beispiel des Glücksspielers verdeutlicht ein grundlegendes Dilemma. Es ist nachvollziehbar, dass der Staat schützen will. Deshalb legt er strenge Regeln fest. Nur: Wenn die Regeln zu streng sind, suchen die Leute einfach nach illegalen Alternativen. Dort ist dann überhaupt kein Schutz mehr vorhanden. Das kann doch nicht das Ziel sein.
Solche Probleme treten überall auf. Streaming-Dienste sind oft der Grund, warum es zu viele Abos gibt, die Piraterie-Plattformen fördern. Über Social Media treiben zu strenge Regeln Nutzer zu fragwürdigen Alternativen. In der Welt der Kryptowährungen verhindern Verbote lediglich, dass seriöse Anbieter agieren, während Kriminelle ungehindert weitermachen. Das Muster wiederholt sich immer: Fehlt eine attraktive legale Option, bleibt der Schwarzmarkt stark. Zentrale Behörden wie die GGL können Ordnung schaffen, das ist klar. Doch sie sollten auch genug Pragmatismus besitzen, um nicht mehr zu zerstören als zu retten.
