Spieleklassiker – zeitlos, unterhaltsam und gut für den Grips

Der Gaming-Markt wird nahezu täglich mit neuen Apps, Videospielen und anderen technologischen Entwicklungen überschwemmt, die uns unterhalten, sozial verbinden und oftmals sogar schlauer machen sollen. Wenngleich Elektronik unser Leben dominiert, und Spiele damit jederzeit und von jedem Ort aus sogar per Smartphone oder Tablet zugänglich sind, ergeben sich dabei jedoch neue Probleme: die Generationskluft vergrößert sich, wenn sich ältere Generationen von der neuen Art des Spielens überfordert fühlen. Jugendliche verkehren mit Gleichaltrigen oft nur noch online und auch Familienabende, bei denen man gemeinsam um einen Tisch sitzt und Brett- oder Kartenspiele spielt, werden dadurch immer seltener. Kein Wunder, dass sich mittlerweile ein deutlicher Gegentrend abzeichnet und der Ruf nach dem Wiederaufleben der Spieleklassiker immer lauter wird.

Wer wusste beispielsweise, dass es einen internationalen Tag des Gesellschaftsspiels gibt, der im vergangenen Jahr im September begangen wurde und 180 Orte in Europa zu Veranstaltungen für die gesamte Familie sowie Spiele-Rallyes animierte. Dieses Jahr soll er im August stattfinden und noch mehr Organisationen, Spieleverbände und Besucher anziehen. Auch der Umsatz, der aus Gesellschaftsspielen erzielt wird, setzt deutliche Zeichen dafür, dass diese Klassiker absolut nicht out sind: 2021 wurden laut Statistik in Deutschland 747 Millionen Euro in diesem Marktsegment erwirtschaftet, ein Zuwachs von rund 20 Prozent im Vergleich zu 2019. Im Jahr 2005, als elektronische Spiele und mobile Apps noch weitaus weniger verbreitet waren, lag der Umsatz aus Gesellschaftsspielen noch bei 400 Millionen Euro, was einen weiteren Beweis dafür liefert, dass der technologische Fortschritt die Popularität der analogen Klassiker keineswegs beeinträchtigt.

Traditionelle Kartenspiele und Brettspiele bieten Vorteile, die Computer- und Konsolen-Games wie auch mobile Apps einfach nicht haben. Besonders Klassiker können die Generationen verbinden. Man denke hier an Schachturniere, bei denen der Altersunterschied der Teilnehmer oftmals 70 Jahre und mehr beträgt. 2019 machte beispielsweise die „Jahrhundertpartie“ in Schweden Schlagzeilen, bei der die zehnjährige Anna Blauhut gegen den 110-jährigen Carl Mattson antrat, aus der das Mädchen als Siegerin hervorging. Auch innerhalb der Familie mag es eine schöne Tradition sein den Kindern das Schach-, Dame- oder Backgammonspielen beizubringen und die Tradition bei gemeinsamen Spieleabenden über Generationen hinweg fortzusetzen.

Besonders Schach ist zudem dafür bekannt, breite Massen anzusprechen, ganz unabhängig von der gesellschaftlichen Demographie, Bildung und sozialem Status: Schachspieler finden sich ebenso in Gentleman-Clubs und Universitäten wie auch auf Parkbänken, weder Geschlecht noch Religion oder körperliche Fitness spielen hierbei eine Rolle, und das, obwohl das Spiel allgemein als Sport bekannt ist. Neben der Konzentrationsfähigkeit steigert das Spiel erwiesenermaßen das Erinnerungsvermögen und fördert logisches Denken, weshalb es oftmals sogar in Altersheimen gefördert wird, aber auch die Leistung von Schülern verbessern kann.

Während man bei Brettspielen wenigstens eben das entsprechende Brett, Spielsteine oder -figuren und eine stabile Oberfläche benötigt, bieten die bekannten und traditionsreichen Kartenspiele noch mehr Flexibilität. Ein Kartensatz passt in jedes Gepäck und kann ganz unkompliziert überallhin mitgenommen werden. Zudem sind diese Spiele in der Regel relativ leicht zu erlernen und können ebenfalls in jedem Alter gespielt werden. Darüber hinaus ist dieser Unterhaltungsspaß absolut kostengünstig – Karten lassen sich schon ab 5 Euro erwerben.

Kinder spielen schon im jungen Alter gerne Mau-Mau oder Memory, Erwachsene lieben Spiele wie Skat, Poker oder Black Jack, zumal es sich hierbei absolut nicht um reine Glücksspiele, sondern vielmehr schlaue Strategiespiele handelt. Wer Poker lernen und möglicherweise in einem Casino spielen möchte, sollte nicht nur die Regeln kennen, sondern muss auch gute Beobachtungsgabe und psychologisches Geschick besitzen, wenn es ums Bluffen geht oder darum den Bluff des Gegners zu entlarven. Die Black Jack Spielregeln zu lernen, das geht im Handumdrehen, darüber hinaus gibt es jedoch zahlreiche Strategien, die die Gewinnchancen vergrößern. Die bekannteste ist dabei die Methode des Kartenzählens, die ursprünglich von einer Studentengruppe am Michigan Institute for Technology (MIT) entwickelt wurde und in die Geschichte einging, als die Mitglieder in Las Vegas in den 80er und 90er Jahren Gewinne in Millionenhöher erzielten. Um Betrug handelte es sich dabei nicht, vielmehr um das schlaue Berechnung von Gewinnwahrscheinlichkeiten mittels dem Zählen bereits abgelegter Karten.

Ein gewisser Glücksfaktor ist bei diesen klassischen Casinospielen natürlich immer mit dabei, denn die Gewinnchancen sind auch abhängig vom Blatt, das man ausgeteilt bekommt, und genau das erhöht die Spannung und erlaubt es, dass erfahrene Spieler und Anfänger gegeneinander antreten können, ohne dass ein Sieg von vornherein feststeht und das Erlebnis für den Neuling frustrierend wird. Auch deshalb eignen sich diese Spiele für die ganze Familie oder zur Unterhaltung mit Freunden und Bekannten. Kartenspiele werden oftmals am Stammtisch in Kneipen gespielt und bieten hier, ebenso wie Bingo, Darts, Billard oder Flipper, weitere Attraktion zum regelmäßigen Besuch und geselligen Beisammensein.

Auch aus psychologischer Sicht haben die Klassiker viele Vorteile. Wer sich spielerisch behauptet, stärkt sein Selbstbewusstsein, während man gleichzeitig lernt mit Niederlagen und Verlusten zurechtzukommen – Fähigkeiten, die im Schulalltag wie auch im Berufsleben wichtig sind. Neben sozialen Kompetenzen fördern sie zudem den Zusammenhalt: Spielenachmittage mit der Familie oder mit Freunden werden zum gemeinsamen Erlebnis, liefern Gesprächsstoff und fördern die Kommunikation. Neben stärkerem Familienzusammenhalt werden schöne Erinnerungen geschaffen, die einem ein ganzes Leben lang erhalten bleiben und oft an die nächste Generation weitergegeben werden. Kinder werden sich eher an unterhaltsame Nachmittage mit den Eltern daheim erinnern als an endlose Stunden, die sie an ihren Computern oder Smartphones verbrachten. Und während elektronische Geräte Erwachsenen oftmals ein Dorn im Auge sind und der Zugang zeitlich limitiert wird, wird das gemeinsame analoge Spielen in der Regel von Eltern gefördert. Fühlen sich jüngere Geschwister schnell ausgeschlossen, wen die ältere Zeit mit der neuesten und anspruchsvollen Technologie verbringen, sind sie bei Brettspielen miteingeschlossen.

Kinder, die regelmäßig Brett- oder Kartenspiele spielen, sind oftmals auch im Schulalltag erfolgreicher.  Grund ist neben der besseren Konzentrationsfähigkeit und dem regelmäßigen Denksport auch, dass sie so spielerisch lernen sich an Regeln zu halten und Aufgaben auszuführen. Oftmals werden, je nach Spiel, auch die Kreativität, vorausschauendes Planen und Verhandlungsgeschick erlernt – beispielsweise bei Brettspielen wie Risiko, die Siedler von Catan oder andere Eroberungsspiele. Wer mit Monopoly lernt schlau mit seinem Geld umzugehen, mag auch mit dem Taschengeld besser auskommen.

Die vergangenen Jahre ließen verstärkt Diskussionen darüber wachwerden, ob die soziale Entwicklung durch Unterricht online und Distanzierungsmaßnahmen besonders bei Kindern beeinträchtigt wurde. Auch die mentale Gesundheit von Erwachsenen und besonders älteren Menschen litt, die meisten Menschen arbeiteten von Zuhause, fühlten sich einsam und isoliert und hatten wenig Gelegenheit zum persönlichen Beisammensein. Während dies die digitale Transformation vieler Lebensbereiche weiter beschleunigte, wurden auch deren Limitierungen offensichtlich – wenn sich Jugendliche beispielsweise nicht länger im Park oder beim gemeinsamen Sport trafen, sondern lediglich Online in den Chats ihrer Games. Nach dem Wegfallen dieser Einschränkungen ist es demnach besonders wichtig soziale Fähigkeiten und persönliche Interaktion zu fördern und Bindungen zu stärken. Gesellschaftsspiele machen dies möglich, zumal es ein derart breites Angebot gibt, dass für jedes Alter und jegliches Interesse das passende Spiel gefunden werden kann.

Auf der Spielemesse SPIEL 2022 in Essen wurden über 1.800 Spieleneuheiten von 980 Ausstellern aus 56 Ländern vorgestellt. Rund 150.000 Besucher fanden sich ein, ein Zuwachs von 53 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – ein deutlicher Trend, der für die anhaltende Beliebtheit der klassischen Form des Spielens spricht. Vertreten waren hier auch Hersteller aus Asien, wo nicht nur Video-Games die Nase vorn haben, sondern auch ständig neue Brettspiele auf den Markt kommen. Auch wenn viele der traditionellen Spiele mittlerweile in elektronischer Version erhältlich sind, lässt sich dies in der Regel nicht mit dem Spielererlebnis und dem sozialen Faktor eines analogen Brett- oder Kartenspiels vergleichen.

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